Lokale Gleichstromnetze in der Niederspannung
Aspekte lokaler Gleichstromnetze: Betrieb und Schutz
Die Stromnetze auf der ganzen Welt verändern sich. Dezentrale Erzeugungsanlagen aus erneuerbaren Energien, Ladeinfrastruktur und Batteriespeichersysteme werden in bestehende Netzen integriert. Leistungselektronische Wandler spielen bei diesen Technologien eine große Rolle – Alle genannten Technologien arbeiten intern mit Gleichstrom (DC).
Da die bestehenden Stromnetze auf Wechselstrom (AC) basieren, sind für den Anschluss zusätzliche Wandlungsschritte notwendig. Lokale Gleichstromnetze sind ein Ansatz zur Verbesserung der Systemeffizienz und zur Reduzierung des Materialverbrauchs. Es gibt jedoch erhebliche Unterschiede zwischen AC- und DC-Netzen. Im Folgenden wird auf Betrieb und Design von Niederspannungs-Gleichstromnetzen eingegangen.
Stromnetze im Wandel: Lokale DC-Netze in der Niederspannung
Während das Grundprinzip von Leistungstransformatoren heute noch dasselbe ist wie zur Anfangszeit der Stromnetze, hat sich die Technologie weiterentwickelt: Transformatoren wurden immer leistungsfähiger und mithilfe von Stufenschaltern kann das Übersetzungsverhältnis eingestellt werden.
Im 20. Jahrhundert wurden auf der ganzen Welt Wechselstromnetze gebaut. Gleichstromnetze haben jedoch nie aufgehört zu existieren: Gleichstrom wurde weiterhin für spezielle Anwendungen wie elektrische Bahnen oder, mit der Verfügbarkeit effizienter leistungselektronischer Bauelemente, in Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungssystemen (HGÜ) verwendet.
Impulsartikel: Gleichstrom auf allen Netzebenen
In den letzten Jahren haben DC-Netze in der Niederspannung das Interesse der akademischen und industriellen Fachwelt geweckt. Ein wichtiger Treiber sind Schnellladesäulen für Elektrofahrzeuge. Diese laden Batterien mit relativ hohen Gleichströmen. Vielerorts übersteigt der Strombedarf während eines Ladevorgangs die Kapazität des bestehenden Stromnetzes. Es muss mit neuen Kabeln und Transformatoren erweitert werden. Stationäre Batteriespeichersysteme sind eine Alternative zum Netzausbau. Sie werden mit Gleichstrom ge- und entladen. Der Wirkungsgrad von Systemen mit Batterien und DC-Ladestationen kann also erhöht werden, indem man sie direkt über Gleichstrom verbindet - ohne Umwandlung in Wechselstrom und zurück.
Zu den anderen Systemen, die intern mit DC funktionieren, gehören:
-
Antriebe mit variabler Frequenz
-
Wärmepumpen
-
Unterbrechungsfreie Stromversorgungssysteme
-
Elektrolyseure, z.B. für grünen Wasserstoff
-
Photovoltaik-Systeme
-
Windkraftanlagen
AC | DC | ||
Qualität der Stromversorgung | Oberschwingungen breiten sich im Wechselstromnetz aus und führen zu zusätzlichen Verlusten durch Wirbelströme sowie den Skin-Effekt | Keine Oberschwingungen | |
Synchronisierung | Beim Zusammenschalten von AC-Netzen müssen diese hinsichtlich Amplitude, Frequenz und Phasenlage synchronisiert sein Synchronisation ist zwingend erforderlich für den Betrieb von leistungselektronischen Umrichtern am Netz |
Lediglich die Amplitude muss für Zusammenschaltung passen | |
Kontrollierbarkeit | Spannungssteuerung über Laststufenschalter Für die Leistungssteuerung sind spezielle Phasenschieber- Transformatoren erforderlich |
Moderne DC-DC Steller ermöglichen Spannungs-, Strom- und Leistungsregelung | |
Wirkungsgrad | Blindleistungsbedarf elektrischer Betriebsmittel erhöht die Verluste im Stromnetz Umwandlungsverluste bei der Netzintegration leistungselektronischer Betriebsmittel (z.B. regenerative Energien) |
Weniger Umwandlungsstufen bei elektronischen Lasten Keine Blindleistung Kein Skin-Effekt |
|
Kurzschluss-Schutz | Eine breite Palette bewährter Produkte steht zur Verfügung Induktivitäten begrenzen den Stromanstieg im Falle eines Kurzschlusses |
Der Kurzschlussstrom steigt schneller an, da nur eine rein ohmsche Leitungsimpedanz wirksam ist Aufgrund dieser hohen Steilheit des Stroms sowie des fehlenden Nulldurchgangs werden überwiegend neuartige Schutzkonzepte benötigt |
|
Materialverbrauch | Dedizierte Anlagen zur Blindleistungskompensation werden benötigt Leistungselektronische Betriebsmittel erfordern Oberschwingungs-Filter zur Einhaltung der Spannungs- und Stromqualität |
Weniger Umwandlungsstufen, daher weniger Materialbedarf für Filter und Leistungswandler Kabel können mit geringerem Durchmesser dimensioniert werden, es wird weniger leitendes Material (Kupfer, Aluminium) benötigt |
Transformatoren und die einfache Umwandlung zwischen Spannungsebenen spielten eine Schlüsselrolle beim Sieg des Wechselstroms über den Gleichstrom. Moderne Technologie ermöglicht heute jedoch die Umwandlung zwischen unterschiedlichen DC-Spannungen unter Verwendung von leistungselektronischen Betriebsmitteln. Ähnliche Technik kommt in modernen Ladegeräten für Laptops und Mobiltelefone zum Einsatz, die intern ebenfalls mit Gleichstrom arbeiten.
Stufe 1: Gesteuerte Umwandlung von DC in eine mittelfrequente Rechteck-Wechselspannung durch leistungselektronische Schaltelemente S1-S4 (in diesem Beispiel: MOSFETs)
Stufe 2: Der Transformator sorgt für eine galvanische Isolierung. Kompakte Bauweise und geringe Verluste werden durch Mittelfrequenz (typischerweise zwischen 10 kHz und 100 kHz) erreicht
Stufe 3: Gesteuerte Umwandlung in Gleichstrom durch Schalter S’1-S’4
Da die Umwandlungen in Stufe 1 und Stufe 3 durch aktive Elemente erfolgen, können der Leistungsfluss und die Gleichspannung gesteuert werden.
Topologien: Was ist der Unterschied zwischen einem unipolaren und einem bipolaren Gleichstromsystem?
In einem unipolaren oder einpoligen Gleichstromsystem gibt es zwei elektrische Potentiale. Daher werden nur zwei Leiter benötigt, um eine Gleichstromquelle mit einer Last zu verbinden. Bipolare (oder zweipolige) Systeme bestehen aus drei elektrischen Potenzialen: DC+, 0, und DC-. Bipolare Netze benötigen daher mehr Leiter, haben aber eine höhere Leistungsfähigkeit bei gleicher absoluter Spannung. Außerdem bietet ein bipolares Netz zwei Spannungsebenen: VDC und 2*VDC für den Anschluss von Umrichtern, Batteriezellen usw.
Wie bei AC-Netzen spielt die Erdung auch bei Gleichstrom-Systemen eine wichtige Rolle zur Gewährleistung der elektrischen Sicherheit. Allerdings gibt es zwischen den Netzformen Prinzip-bedingte Unterschiede, die sich auf Auswahl und Betrieb des Erdungssystems auswirken. In DC-Netzen spielen zum Beispiel Kriechströme eine größere Rolle. Das sind unerwünschte Ströme, die in das Erdreich fließen - mit der möglichen Folge, dass metallische Teile durch Korrosion beschädigt werden.
Im Folgenden werden Erdungskonzepte für DC-Netze mitsamt ihrer Vor- und Nachteile aufgeführt.
Direkte Erdung
Eine einfache und kostengünstige Methode zur Erdung in Gleichstromsystemen ist die direkte und dauerhafte Verbindung eines Pols mit dem Erdpotenzial. In einem unipolaren System ist es üblich, den Minuspol zu erden. Gründe dafür sind ein besserer Schutz bei Fehlern und weniger Korrosion als bei einem geerdeten Pluspol. In direkt geerdeten Gleichstromnetzen mit bipolarer Konfiguration ist im Allgemeinen der Mittelpunkt mit dem Erdpotential verbunden.
Widerstandserdung
Die Verbindung zum Erdpotential kann über einen Widerstand erfolgen. Dadurch werden Streuströme und Korrosionseffekte reduziert. Es werden jedoch zusätzliche Bauteile benötigt und es treten zusätzliche Verluste auf. Weiterhin muss die Erdung über einen Widerstand bei der Auslegung des Schutzkonzeptes berücksichtigt werden.
Erdung mittels Diode oder Thyristor
Mit diesem Erdungssystem sollen die Vorteile von isolierten Netzen mit direkt geerdeten Systemen kombiniert werden. Die Verbindung zur Erde wird im Falle eines Fehlers durch eine Diode oder einen Thyristorschalter hergestellt. Im Normalbetrieb ist das System isoliert. So werden Streuströme und Korrosion verhindert. Im Falle eines kritischen Fehlers wird eine Verbindung zur Erde hergestellt, was den Personenschutz verbessert. Bei Verwendung eines Thyristorschalters erkennt ein Überwachungsrelais Fehler und schaltet den Thyristor im Fehlerfall leitend.
Isoliertes System
In einem isolierten System gibt es keine Verbindung zum Erdpotential. Aus diesem Grund wird auch der Begriff schwebende Erdung verwendet. Zur Fehlerdetektion müssen Isolationswächter eingesetzt werden. AC-Netze werden oft als isoliertes System ausgeführt, wenn im Fehlerfall ein Weiterbetrieb gewünscht ist. In DC-Netzen spielt dies keine Rolle. Isolierte Systeme werden hier eingesetzt, um den parallelen Betrieb von unterschiedlichen Einspeisern zu vereinfachen.
DC-Netze in der Niederspannung bieten überzeugende Vorteile wie einen besseren elektrischen Wirkungsgrad und geringeren Materialverbrauch. Allerdings gibt es weniger Normen und bewährte Verfahren als bei Wechselstromsystemen. Hinsichtlich des Schutzkonzepts unterscheiden sich die Anforderungen zwischen AC- und DC-Systemen. In der Praxis kommen bei neu konzipierten Gleichstrom-Netzen isolierte Systeme sowie solche mit geerdetem Mittelpunkt zum Einsatz, abhängig von der spezifischen Anwendung.